Von Spaziergängen im Wald bis zu Pflanzen im Büro – viele Menschen spüren intuitiv: Natur tut gut
Doch ist das nur ein Gefühl oder gibt es wissenschaftliche Belege dafür? Eine groß angelegte Studie gibt eindeutige Antworten.
Die Natur ruft – aber warum?
Ob wir durch einen Park schlendern, den Blick auf einen See genießen oder einfach nur das Zwitschern der Vögel hören – all das wirkt auf viele Menschen entspannend und stimmungsaufhellend. Diese Verbindung zur Natur ist kein Zufall. Laut der sogenannten Biophilia-Hypothese, die vom Biologen Edward O. Wilson (1986) formuliert wurde, haben wir Menschen eine angeborene emotionale Verbindung zur Natur. Unsere Vorfahren lebten Jahrtausende in natürlichen Umgebungen – kein Wunder also, dass unser Körper und Geist sich dort besonders wohl fühlen.
Was sagt die Wissenschaft?
Ein Forschungsteam um Jason Gaekwad von der Deakin University in Australien wollte es genau wissen: Wie stark wirkt sich Natur tatsächlich auf unsere Gefühle und Stimmungen aus? Um diese Frage zu beantworten, analysierten sie in einer Meta-Analyse 49 wissenschaftliche Studien mit insgesamt über 3.200 Teilnehmenden. Diese Studien verglichen jeweils die Wirkung von natürlichen gegenüber städtischen Umgebungen auf die emotionale Verfassung von Erwachsenen.
Das Ergebnis: Der Aufenthalt in der Natur hatte einen mittleren bis starken positiven Effekt auf die Stimmung. Menschen fühlten sich glücklicher, entspannter und weniger gestresst. Besonders deutlich war dieser Effekt, wenn die Natur direkt erlebt wurde – also beim Spazierengehen oder Verweilen im Grünen – im Vergleich zu Naturbildern oder -videos im Labor.
Warum ist das wichtig?
Diese Erkenntnisse sind nicht nur für Naturfreunde spannend, sondern haben auch praktische Folgen für Stadtplanung und Architektur. Denn daraus ergibt sich ein starkes Argument für das Konzept des Biophilic Designs. Diese Gestaltungsweise versucht, Elemente der Natur gezielt in Gebäude und urbane Räume zu integrieren – sei es durch Innenhöfe mit Pflanzen, große Fenster mit Blick ins Grüne oder natürliche Materialien.
Besonders in einer Welt, in der immer mehr Menschen in Städten leben und unter Stress leiden, können solche Gestaltungsprinzipien helfen, das emotionale Wohlbefinden zu fördern.
Was sollte die Zukunft bringen?
Obwohl die Ergebnisse klar sind, zeigte die Analyse auch: Viele Studien nutzten unterschiedliche Messmethoden, und oft wurden nur Studierende untersucht. Es braucht also mehr standardisierte und vielfältige Forschung, um genau zu verstehen, wie Natur auf verschiedene Menschen wirkt – etwa Kinder, ältere Personen oder Menschen mit psychischen Belastungen.
Fazit
Die Verbindung zur Natur ist tief in uns verankert – emotional, biologisch, vielleicht sogar genetisch. Die Analyse von Gaekwad et al. liefert starke Belege dafür, dass diese Verbindung unser emotionales Wohlbefinden maßgeblich verbessert. Und sie erinnert uns daran: Wir brauchen mehr Natur in unserem Alltag – nicht nur draußen, sondern auch drinnen.
Literatur
Gaekwad, J. S., Sal Moslehian, A., Roös, P. B., & Walker, A. (2022). A Meta-Analysis of Emotional Evidence for the Biophilia Hypothesis and Implications for Biophilic Design. Frontiers in Psychology, 13, 750245. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2022.750245
Wilson, E. O. (1986). Biophilia. Harvard University Press.
Ein Artikel aus dem Projekt IFKO-Green Care. Der Autor Franz Sandmair absolviert das Masterstudium "Green Care - Pädagogische, beraterische und therapeutische Interventionen mit Tieren und Pflanzen" an der Hochschule- für Agrar- und Umweltpädagogik (HAUP) in Wien. Ein neuer Lehrgang beginnt im Herbst 2025>>>